In vielen westlichen Ländern greift der Staat immer stärker in die Wirtschaft ein, die Umverteilung nimmt zu. Dafür ist auch das bürgerliche Lager verantwortlich. Es hat vergessen, was Freiheit wirklich bedeutet.
In vielen westlichen Demokratien vollzieht sich eine Entwicklung, die weitgehend unbemerkt geschieht und deshalb umso gefährlicher ist: die schleichende Rückkehr des Sozialismus.
Damit ist nicht die vollständige Verstaatlichung von Unternehmen und Fabrikanlagen gemeint, wie sie Karl Marx forderte und wie die Staaten des Ostblocks sie mit unterschiedlicher Konsequenz und Brutalität umsetzten. Auch nicht die Neugründung einer kommunistischen Internationale in Moskau, Peking oder Berlin.
Sondern der Gedanke, dass die völlige Gleichheit der Menschen erstrebenswerter sei als individuelle Freiheiten. Dass nur sie die Menschheit am Ende erlösen könne von der Mühsal ihres Daseins. Diese Vorstellung hat sich tief in westliche Gesellschaften hineingefressen.
Kürzlich lieferte der Parteivorsitzende der deutschen Linkspartei, Jan van Aken, dafür einen schlagenden Beweis: Er forderte, Hausaufgaben abzuschaffen. Aus seiner Sicht vertiefen sie die «soziale Spaltung». Denn manche Kinder haben Eltern, die ihnen dabei helfen können, andere nicht. Es ist natürlich berechtigt, auf eine bessere Förderung bildungsferner Schüler zu drängen. Aber van Aken ging weit darüber hinaus. Er griff das Leistungsprinzip grundsätzlich an.
Wenn Kinder aus bildungsfernen Haushalten nicht so gut in der Schule sein können wie Akademikerkinder, so der Gedanke, dann müssen die Akademikerkinder eben schlechter werden. Hauptsache, alle sind gleich.
Die Kritik an van Aken fiel milde aus. In Deutschland ist Leistung schon lange verdächtig. Wer sie einfordert, gilt als kaltherziger Kapitalist. Aber auch in der Schweiz wird es zunehmend beliebter, das Leistungsprinzip an Schulen infrage zu stellen.
Dieser Trend geht einher mit einer popkulturellen Verklärung des Sozialismus. Marxistische Influencer, so widersprüchlich schon dieses Begriffspaar klingen mag, sind gerade im Westen erfolgreich. Die Oxford-Absolventin Grace Blakeley verbreitet die Lehren von Karl Marx in Grossbritannien, dem Mutterland des Liberalismus. In Deutschland haben die Videos der linken Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek auf Instagram oder Tiktok zum Achtungserfolg der Partei bei der Parlamentswahl beigetragen. Und in der Schweiz singen die Jungsozialisten immer vernehmbarer das Lied der Gleichmacherei.
Wie kommt es zu dieser späten Blüte? Ein Grund ist, dass die Kargheit und die Grausamkeit sozialistischer Staaten in Vergessenheit geraten. Die Millionen Toten, die Stalin und Mao auf dem Gewissen haben, werden zu einer abstrakten Kennziffer. Die Schrecken des Sozialismus verblassen, seine Verheissungen erstrahlen dafür in den leuchtendsten Farben. Das erklärt seinen Aufstieg aber nur teilweise.
Der eigentliche Grund liegt tiefer: Viele Menschen haben vergessen, was Freiheit wirklich bedeutet. Das liberale Prometheus-Institut fragte junge Deutsche vor wenigen Tagen in einer repräsentativen Umfrage, wie sie dazu stehen. Auf den ersten Blick war ihnen die Freiheit besonders wichtig. Aber dieser Eindruck täuscht.
Was junge Leute unter Freiheit verstehen, hat damit nur bedingt etwas zu tun. Sie sahen darin vor allem die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen, zum Beispiel zu reisen. Seltener hingegen die Abwesenheit von Zwang und Verantwortung für das eigene Handeln. Mit anderen Worten: Viele junge Menschen lehnen die Zumutungen der Freiheit ab. Sie wollen frei sein, aber nicht für ihre Entscheidungen haften. Nur ist eine Freiheit ohne Haftung keine. Sie führt direkt in die Vormundschaft des Staates.
Es gibt kaum ein grösseres Einfallstor für staatliche Eingriffe als einen weichen Freiheitsbegriff. Unter seinem Banner versprechen Politiker, die Bürger vor allem Unbill zu bewahren. Dann wird im Namen dieser Freiheit, die in Wahrheit das Versprechen eines irdischen Paradieses ist, die Freiheit aller schrittweise eingeschränkt. Die Steuerbelastung steigt, die Umverteilung nimmt zu. Die Wirtschaft wird erst geleitet, schliesslich gelenkt. Wer meint, dass nur Linke so handeln, irrt. Das tun auch bürgerliche Politiker.
Seit Jahrzehnten steigt in vielen westlichen Ländern die Staatsquote, die die Ausgaben des Staates im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt angibt. Frankreich, Belgien und Italien liegen mit einer Quote von deutlich über 50 Prozent schon über der Grenze, die Helmut Kohl einst als Wegscheide zwischen Kapitalismus und Sozialismus bezeichnete. Deutschland liegt mit nahezu 50 Prozent knapp darunter.
Immer mehr Menschen arbeiten dort im öffentlichen Dienst, immer weniger im verarbeitenden Gewerbe. Der Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot vertieft auf vielen Feldern den Interventionismus vergangener Regierungen.
Nicht einmal die gegenwärtige Strukturkrise konnte daran etwas ändern. Wieso ist das so? Weshalb können selbst bürgerliche Politiker dem Etatismus nicht widerstehen?
Der liberale Vordenker Friedrich August von Hayek hat den Grund dafür schon vor mehr als achtzig Jahren in seinem Bestseller «Der Weg zur Knechtschaft» benannt: Der Liberalismus wird zum Opfer seines eigenen Erfolges. Zunächst entfaltet sich die Wirtschaft unter verlässlichen, liberalen Rahmenbedingungen. Das Wohlstandsniveau steigt, wenn auch für einige deutlich stärker als für andere. Doch «infolge der uferlosen Ansprüche, die durch die bereits erreichte Besserung der materiellen Lage gerechtfertigt schienen», kehren sich immer mehr Menschen vom Liberalismus ab. Nun geht es nur noch um die schnelle Befriedigung neuer Ansprüche.
Politiker reagieren darauf. Sie beginnen umzuverteilen, Geld ist ja genug da. Paradoxerweise nimmt die Bereitschaft zum Interventionismus zu, je besser es allen geht. In einer wohlhabenden Gesellschaft wird selbst die kleinste Ungleichheit als himmelschreiende Ungerechtigkeit wahrgenommen. Deswegen streitet man sich in westlichen Demokratien fast nur noch über tatsächliche oder vermeintliche Benachteiligungen.
Selbst bürgerliche Politiker sind irgendwann bereit, ins Steuer der Wirtschaft zu greifen. Zugleich geht das Wissen darüber verloren, wie gefährlich solche Eingriffe sind.
In Deutschland sieht man, wie sie fast lehrbuchhaft in eine Interventionsspirale gemündet haben, vor der der Nationalökonom Ludwig von Mises stets gewarnt hatte: Erweist sich ein Eingriff des Staates als ineffizient, nimmt er ihn nicht etwa zurück. Er greift noch stärker ein. Einen Mittelweg zwischen freier Marktwirtschaft und Planwirtschaft hielt von Mises deshalb für ausgeschlossen.
Nirgendwo kann man das so deutlich erkennen wie in der deutschen Energiepolitik. Zuerst hat man den Markt ausgehebelt, um erneuerbaren Energien zum Durchbruch zu verhelfen. Nun ist der Strom teuer, und die industrielle Basis des Landes ist gefährdet. Doch die Regierung ist zu einer grundlegenden Korrektur nicht imstande. Sie will die Strompreise für Industriebetriebe stattdessen künstlich senken.
Die zunehmenden Staatseingriffe gefährden weit mehr als die Wirtschaft. Sie höhlen die Meinungsfreiheit aus. Für den Ökonomen Hayek war nicht etwa die freie Rede die Grundlage für einen freien Markt. Er sah es andersherum. Nur unter einer freien Wirtschaft kann auch eine freie Gesellschaft gedeihen.
Wo der Markt dem Zugriff der Regierung entzogen ist, kann sie Kritik an ihren Entscheidungen verkraften, weil sie nicht für alles zuständig ist. Steht aber ein gesamthafter Plan dahinter, so muss sie jede Kritik an ihren Entscheidungen als Sabotage auffassen. Das sollten sich all jene vor Augen führen, die einem demokratischen Sozialismus das Wort reden.
Folgerichtig sah Hayek bei sozialistischen Intellektuellen eine besondere Verachtung für die geistige Freiheit. So ist es bis heute. Man sollte sich von den bunten Filmchen der deutschen Linkspartei nicht täuschen lassen. Dahinter steckt eine knallharte Durchgriffsphantasie. Reichinnek von der Linken etwa forderte kürzlich, Milliardäre abzuschaffen. Sie schlug vor, Reiche stärker zu besteuern und ihnen im Falle einer Auswanderung ihr Vermögen zu entziehen. Wer so denkt, könnte auch gleich über den Bau einer Mauer phantasieren.
Die Gefahr für die Meinungsfreiheit geht nicht nur von Linken aus. Wer sich einem kollektivistischen Glauben hingibt, hält die Masse für verführbar. Viele Konservative teilen diese Skepsis, und das zu Recht. Doch von dort ist es nur noch ein kleiner Schritt, um Menschen für die vermeintlich gute Sache zu beeinflussen. Das ist der Geist eines Programms wie «Demokratie leben!», das die künftige deutsche Koalition fortführen will. Man fördert vermeintlich zivile Vereine mit Millionensummen, um die Menschen zu guten Staatsbürgern zu erziehen. So entsteht ein politisches Vorfeld, das der Regierung stets wohlgesinnt ist.
Wohin das führt, konnte man vor wenigen Tagen sehen. In einer neuen Sendung der ARD berichtete eine Journalistin über die negativen Folgen der Einwanderung. Der vom Staat geförderte Verein «Neue deutsche Medienmacher*innen» kritisierte das. Die Kritik an den Inhalten stand an zweiter Stelle. Im Mittelpunkt stand der Vorwurf, solchen Inhalten überhaupt eine Bühne geboten zu haben.
Man mache sich nichts vor: Der Sozialismus wird nicht mit dem Gewehrlauf zurückkehren. Auch nicht durch eine Revolution. Er kommt auf leisen Sohlen, unter dem Banner der Freiheit. Und er ist schon weit gekommen.
Der Titel ist irreführend. Bei uns findet auf individueller wie auf gesellschaftlicher Ebene ein Nettoverzehr von Individual- und Volksvermögen statt. Dies führt zu Überschuldung und Wohlstandsverlust. Die Umverteilung von „reich“ zu „arm“, dem sozialen Frieden geschuldet, verkehrt sich ins Gegenteil. Kapital wandert dorthin ab, wo es die besten Bedingungen vorfindet. Teilzeitarbeit geht mit tieferen steuerbaren Einkünften einher bei wachsenden Staatsaufgaben. Mit jedem in jungen Lebensjahren nicht verdienten Franken äufnet sich ein wachsendes Vorsorgedefizit. Nur einer Minderheit ist beschieden, bis ans Lebensende von Vermögensverzehr zu leben. Dadurch brechen Steuereinnahmen weg. Schuldner werden tendenziell ärmer, Gläubiger reicher.
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