Es ist kein Geheimnis, dass ich einen zweiten Wohnsitz in der Eidgenossenschaft habe. Keine grosse Sache heutzutage, sollte man meinen, zumal für jemanden, der wie ich an seinem Erstwohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland ordnungsgemäss gemeldet ist und seine Steuern zahlt; seltsam, dass gerade diejenigen, die sonst bei jeder Gelegenheit ihre vermeintliche europäische Weltläufigkeit betonen, sich just darüber immer wieder mal künstlich empören.

Oft führen mich meine Wege zur zeitlosen Pracht des Schwyzer Barockklosters Einsiedeln. Auch nach Wochen lässt mich die Erschütterung nicht los über den schändlichen Anschlag eines angeblich siebzehnjährigen afghanischen Asylbewerbers auf die Schwarze Madonna von Einsiedeln: Der Angreifer riss vor den Augen der schreckensstarren Gläubigen dem mittelalterlichen Gnadenbild die kostbaren Gewänder herunter, brach der Gottesmutter die goldene Krone vom Haupt und setzte sie sich in frechem Hohn selbst auf.

Als deutsche Politikerin bin ich äusserst zurückhaltend in der Kommentierung von Ereignissen in der Schweiz. Die scham- und skrupellose Schändung eines kulturellen und religiösen Heiligtums ist jedoch nicht allein eine schweizerische Angelegenheit. Die Bilder des vermeintlich «Schutzsuchenden», der dreist angreift, was seine Gastgeber verehren, ohne ernsthaften Widerstand befürchten zu müssen, beschreiben stärker als tausend Worte den Zustand eines Kontinents, der sich offenbar selbst aufgibt.

Die Kirchenschändung von Einsiedeln steht paradigmatisch für ein Europa, das sich der Ideologie des Kulturrelativismus und der Verachtung des Eigenen ausgeliefert hat. So konditioniert, sind allzu viele Europäer kaum noch fähig, sich der schleichenden Landnahme durch Migration aus Gesellschaften, die unsere Tradition und Lebensart verachten, zu widersetzen.

Die Kirchenschändung von Einsiedeln steht für ein Europa, das sich der Verachtung des Eigenen ausgeliefert hat.

Sie akzeptieren als neue «Normalität», sich bei Festen und Weihnachtsmärkten hinter Hochsicherheitsmassnahmen verbarrikadieren zu müssen, während ihre Politiker ihnen erzählen, die Landesgrenzen nicht schützen zu können. Eher sind sie bereit, Angriffe auf ihre Kultur zu entschuldigen und für die Angreifer zu beten, als ihnen entschlossen entgegenzutreten.

 

Einsiedeln ist kein Einzelfall. In ganz Westeuropa steigt die Zahl der von antichristlichem Hass getriebenen Verbrechen sprunghaft an, vermeldet die Beobachtungsstelle für Intoleranz gegenüber und Diskriminierung von Christen in Europa (Oidac). Angriffe und Sachbeschädigungen gegen Kirchengebäude sind auch in Deutschland an der Tagesordnung.

Frankreich verzeichnet täglich mehrere Angriffe auf christliche Kultstätten. Immer wieder brennen landauf, landab Kirchen und Kathedralen, ohne dass etablierte Politik und Medien dem schleichenden Raub des kulturellen Erbes grosse Aufmerksamkeit widmen würden.

Die Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame de Paris nur fünf Jahre nach ihrer Zerstörung durch eine Feuersbrunst war gleichwohl ein Zeichen der Zuversicht. Hauptperson war indes nicht das gastgebende französische Staatsoberhaupt, sondern der gewählte US-Präsident. Donald Trump zitierte den ukrainischen und französischen Präsidenten zum Gespräch, um klare Ansagen für ein baldiges Ende des Ukraine-Kriegs zu machen.

Bitter aus deutscher Sicht: Der deutsche Bundeskanzler war gar nicht erst nach Paris eingeladen worden, und es vermisste ihn auch niemand – sichtbar-abwesendes Zeichen für den dramatischen Bedeutungsverlust Deutschlands nach zwei Jahrzehnten Merkel und Ampel.

 

Der US-Präsident will das hunderttausendfache Sterben beenden und stoppt neue Waffenlieferungen an Kiew; in Deutschland wetteifert eine schwarz-grüne Koalition der Kriegstreiber um Forderungen nach weiterer Eskalation.

Und während Kanzler und Aussenministerin Plattitüden über die «Befreiung» Syriens dreschen, feiern Zehntausende Syrer auf deutschen Strassen die Machtergreifung der Dschihadisten. Werden sie zurückkehren, wird die Bundesregierung sie nach Wegfall des Fluchtgrunds nach Hause schicken und Vorkehrungen gegen einen neuen Asylansturm treffen?

Aber nein, die seit 2015 ins Land Gelassenen werden ja gerade am Fliessband eingebürgert. So viele Fehlsteuerungen, so viele Versäumnisse – selbst die vorgezogene Neuwahl kommt im Grunde viel zu spät.

 

Alice Weidel ist Co-Vorsitzende und Kanzlerkandidatin der Partei Alternative für Deutschland.

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