AUSLAND ARCHIV

























Interessante Reaktionen deutscher Politiker auf Orbans Besuch bei Putin
Politiker wie Scholz und Roth von der SPD empören sich über Orbans Friedensinitiative und zeigen damit wieder einmal, dass die ach so soziale SPD keine Beendigung des Krieges wünscht.
"Die Linke" Abgeordnete Sevim Dagdelen hingegen begrüßt Orbans Reise und kritisiert Bundeskanzler und Außenministerin hart. Ebenso wie Gerhard Papke von der FDP.
Also nicht nur AfD Abgeordnete äußern sich positiv zu Orbans Reise! Richtig so - wir normale Menschen wollen ja auch Frieden!


König Charles III. hat heute 26.04.2024 das Ruanda-Gesetz unterschrieben und somit ist es rechtsgültig









In diesen Tagen, nach drei Jahren Covid und einem Jahr Ukraine-Krieg, scheinen wir alle zu Italienern geworden zu sein: Dietrismus überall, wie Pasta. Immer mehr von uns lesen die "Narrative", die von den Regierungen und ihrer Mainstream-Presse für unseren Gebrauch hergestellt werden, nicht mehr daraufhin, was sie uns sagen, sondern was sie uns nicht sagen – wie misstrauisch gewordene Insassen von Platons Höhle, die versuchen, den vor ihnen an die Wand projizierten Schatten einen verborgenen Sinn abzugewinnen.

Nehmen wir zum Beispiel den halboffiziellen Bericht über die Sabotage der Nord-Stream-Pipelines, der von der New York Times veröffentlicht und der deutschen Wochenzeitung Die Zeit zugespielt wurde: sechs noch unbekannte Personen auf einer polnischen Yacht, irgendwo in Ostdeutschland gemietet, die praktischerweise auf dem Küchentisch des Bootes Spuren des von ihnen an den Tatort transportierten Sprengstoffs hinterlassen hatten.

Niemand musste lange nachdenken, um zu erkennen, dass die Geschichte ausgeheckt worden war, um den von Seymour Hersh, dem unsterblichen Enthüllungsreporter, veröffentlichten Bericht zu überlagern. Das Aufregende für den dietristischen Verstand war, dass die Ersatzerzählung so offensichtlich lächerlich war, dass es nah lag, dass ihre Lächerlichkeit nicht Folge von Inkompetenz – nicht einmal die CIA könnte so dumm sein – sondern beabsichtigt war, was die Frage aufwirft, was mit ihr beabsichtigt sein könnte. Vielleicht, so politische Zyniker, wollte man die deutsche Regierung und ihre Bundesanwaltschaft demütigen und ihren Willen brechen, indem man sie offensichtlichen Unsinn öffentlich zu einer wertvollen Spur in ihrem unablässigen Bemühen erklären ließ, das Geheimnis des Nord-Stream-Bombenanschlags zu lüften; eine Art von politischem Sadismus.


Die sich abzeichnende Krise des ukrainischen Ultranationalismus steht im Zusammenhang mit einem beginnenden Kampf um eine neue globale Ordnung. Deren Konturen können nur dann verstanden werden, wenn man China mit ins Spiel bringt.

Die Italiener, so heißt es, pflegen eine Sichtweise auf Politik, die sie dietrismo nennen. Dietro bedeutet "dahinter", und dietrismo bedeutet die habitualisierte Überzeugung, dass das, was man sieht, dazu dient, etwas, das man nicht sieht, zu verbergen, hinter einem Vorhang, der die Welt in eine Vorder- und eine Hinterbühne unterteilt – letzterer der Ort, an dem sich das wahre Geschehen abspielt, ersterer, wo es kunstgerecht verzerrt falsch dargestellt wird. Man liest etwas, hört etwas im Radio oder im Fernsehen, und als geübter dietrista fragt man sich nicht so sehr, was einem da erzählt wird, sondern warum und warum gerade jetzt.

Panik in Kiew
Ein weiterer, noch interessanterer Aspekt der Geschichte ist, dass die mutmaßlichen Bootsmieter irgendwie mit "pro-ukrainischen Gruppen" in Verbindung stehen sollen. Dem Bericht zufolge gab es zwar keine Hinweise darauf, dass es sich dabei um Verbindungen zur ukrainischen Regierung oder zum Militär handeln könnte, aber jeder Le Carré-Kenner weiß, dass, wenn Geheimdienste beteiligt sind, jede Art von Beweis bei Bedarf leicht gefunden werden kann. Es überrascht nicht, dass der Bericht in Kiew Panik auslöste, wo er ‒ wahrscheinlich zu Recht ‒ als Signal der Vereinigten Staaten verstanden wurde, dass ihre Geduld mit der Ukraine und ihrer derzeitigen Führung nicht unbegrenzt ist.

Zumal sich etwa zur gleichen Zeit Berichte über Korruption in der Ukraine häuften, die aus den USA kamen und den wachsenden Widerstand der Republikaner im Kongress gegen die Umleitung von immer mehr Dollars in den ukrainischen Verteidigungshaushalt verstärkten ‒ als ob die Korruption in der Ukraine nicht schon immer notorisch gewesen wäre (siehe Hunter Bidens Stunt als Experte in Energiepolitik im Vorstand von Burisma Holdings Ltd.). So veröffentlichten im Januar die Washington Post und die New York Times eine Reihe von Artikeln über ukrainische Missstände, zum Beispiel über Armeekommandeure, die mit amerikanischen Dollars billigen russischen Diesel für ukrainische Panzer kauften und die Differenz einsteckten. In Panik entließ der, wie er wissen ließ, schockierte Selenskyj zwei oder drei hochrangige Beamte und versprach, später weitere zu entlassen.

Warum war dies plötzlich eine Nachricht, obwohl seit langem bekannt ist, dass die Ukraine eines der korruptesten Länder der Welt ist? Zu dem, was von Kiew aus gesehen zunehmend wie eine unheilvolle Schrift an der Wand erscheinen musste, kamen geheime amerikanische Dokumente hinzu, die in der zweiten Aprilhälfte durchgesickert waren und zeigten, dass das Vertrauen der amerikanischen Militärs in die Fähigkeit der Ukraine, eine erfolgreiche Gegenoffensive im Frühjahr zu starten oder gar den Krieg zu gewinnen, wie es die ukrainische Regierung ihren Bürgern und internationalen Sponsoren versprochen hatte, auf einem Tiefpunkt angelangt war.

Den amerikanischen Kriegsgegnern, Republikanern wie Demokraten, bestätigte dies, dass die Unterhaltung der ukrainischen Armee unbezahlbar teuer werden könnte, zumal sich beide politischen Parteien in den Vereinigten Staaten einig sind, dass sich ihr Land eher früher als später auf einen viel größeren Krieg gegen China im Pazifik vorbereiten muss. (Bis Ende 2022 gaben die Vereinigten Staaten schätzungsweise 51 Milliarden Dollar zur Unterstützung der ukrainischen Kriegsanstrengungen aus; weitere 55 Milliarden wurden von Westeuropa beigesteuert. Es wird erwartet, dass im weiteren Verlauf des Krieges noch ein Vielfaches mehr benötigt wird, derzeit allein eine Milliarde Euro für Munition zur Verwendung in der ukrainischen Frühjahrsoffensive). Für die Ukrainer und ihre europäischen Unterstützer schien die Schlussfolgerung naheliegend, dass der Zeitpunkt näher rückt, an dem sich die Vereinigten Staaten vom Schlachtfeld verabschieden und ihre unerledigten europäischen Angelegenheiten den Einheimischen übergeben werden.
Verglichen mit Afghanistan, Syrien, Libyen und ähnlichen Orten ist das, was die Amerikaner in diesen Sommer in der Ukraine zurücklassen dürften, nicht annähernd in einem ähnlich chaotischen Zustand. In Zusammenarbeit mit den baltischen Staaten und Polen ist es den Vereinigten Staaten in den letzten Monaten gelungen, Deutschland allmählich in so etwas wie eine europäische Führungsrolle zu drängen, in der es die Verantwortung für die Organisation und vor allem die Finanzierung des europäischen Beitrags zum Ukrainekrieg übernimmt. Im ersten Jahr des Krieges wurde die EU Schritt für Schritt zu einer für die wirtschaftliche Kriegsführung zuständige Hilfstruppe der NATO umgebaut, während die NATO mehr denn je zu einem Instrument der als "westlich" firmierenden amerikanischen Politik wurde.

Wenn Mitte 2023 NATO-Generalsekretär Stoltenberg für seine harte Arbeit mit einer wohlverdienten Pfründe, der Präsidentschaft der norwegischen Zentralbank, belohnt wird, soll Gerüchten zufolge Ursula von der Leyen, derzeit Präsidentin der Europäischen Kommission, seine Nachfolge antreten. Dies würde die Unterordnung der EU unter die NATO vervollständigen – unter jene andere, viel mächtigere internationale Organisation mit Sitz in Brüssel, der im Gegensatz zur EU die Vereinigten Staaten angehören und die von diesen auch dominiert wird. In ihrem früheren Leben war von der Leyen bekanntlich deutsche Verteidigungsministerin unter Merkel. In dieser Eigenschaft ist sie zwar mitverantwortlich für den angeblich desolaten Zustand der deutschen Streitkräfte zu Beginn des Ukraine-Krieges; anscheinend hat man ihr das aber wegen ihres glühenden Amerikanismus-als-Europäismus bzw. Europäismus-als-Amerikanismus verziehen. Jedenfalls haben EU und NATO im Januar 2023 ein Dokument über engere Zusammenarbeit unterzeichnet, was nicht zuletzt dadurch möglich wurde, dass Finnland und Schweden ihre Neutralität aufgegeben haben, um der NATO beizutreten. Laut FAZ schreibt das Abkommen "unmissverständlich den Vorrang der Allianz bei der kollektiven Verteidigung Europas fest“ und bestätigt damit die führende Rolle der Vereinigten Staaten nicht nur in der europäischen Sicherheitspolitik.

Was Deutschland angeht, so ist seine Regierung derzeit damit beschäftigt, kampffähige Bataillone mit Panzern verschiedener europäischer Hersteller zusammenzustellen (die amerikanischen M1 Abrams sollen, so jetzt die Biden-Regierung, in „einigen Monaten“ in Europa eintreffen, wo ihre ukrainischen Besatzungen auf deutschen Militärstützpunkten ausgebildet werden sollen). Bald wird Deutschland auch die Kampfflugzeuge liefern und instandhalten, deren Lieferung es in Absprache mit den Vereinigten Staaten immer noch verweigert, wenn auch, wie die Erfahrung zeigt, nicht mehr lange.

Inzwischen hat Rheinmetall angekündigt, in der Ukraine eine Panzerfabrik mit einer Kapazität von 400 Kampfpanzern der neuesten Generation pro Jahr zu errichten, nach Ansicht von Fachleuten eine riesige Investition, technisch wie finanziell, die ohne Garantien der deutschen Regierung undenkbar erscheint. Darüber hinaus unterzeichnete Deutschland am Vorabend des Treffens der Ramstein-Unterstützungsgruppe am 21. April ein Abkommen mit Polen und der Ukraine über eine in Polen anzusiedelnde Reparaturwerkstatt für an der ukrainischen Front beschädigte Leopard-Panzer, die Ende 2023 in Betrieb genommen werden soll (offenbar unter der bei den Strategen anscheinend schon selbstverständlich gewordenen Annahme, dass der Krieg bis dahin nicht beendet sein wird). Hinzu kommt das von von der Leyen im Namen der Europäischen Union freimütig immer wieder erneuerte Versprechen, dass die Ukraine nach dem Krieg auf europäische, d.h. in der Praxis: deutsche Kosten wiederaufgebaut wird ‒ übrigens ohne Erwähnung eines Beitrags der ukrainischen Oligarchen, die zwar nicht zahlreich sind, dafür aber umso reicher. Tatsächlich bot ein Besuch des deutschen Wirtschaftsministers Habeck Anfang April in Kiew zusammen mit einer Delegation von Vorstandsvorsitzenden großer deutscher Unternehmen Gelegenheit, künftige Geschäftsmöglichkeiten für den Wiederaufbau der Ukraine nach Kriegsende auszuloten.

Bis dahin könnte es freilich dauern. Die kürzlich durchgesickerten amerikanischen Dokumente und die Äußerungen des halboffiziellen amerikanischen Kommentariats deuten darauf hin, dass ein ukrainischer Endsieg nicht so bald zu erwarten ist, wenn überhaupt. Die westlichen Lieferungen von Militärgütern scheinen so abgestimmt zu sein, dass die ukrainische Armee ihre Position halten kann; wenn die Russen Territorium gewinnen, wird die Ukraine so viel Artillerie, Munition, Panzer und Kampfflugzeuge erhalten, wie sie braucht, um sie zurückzudrängen. Ein ukrainischer Sieg, der von der ukrainischen Regierungspartei als überlebenswichtig für das ukrainische Volk erklärt wird, scheint jedoch nicht mehr wirklich auf der amerikanischen Einkaufsliste zu stehen. Schaut man sich die Lieferpläne für Abrams-Panzer und Jagdbomber an, soweit sie sich aus den offiziellen Verlautbarungen ablesen lassen, so erwartet man eher so etwas wie langwierige Grabenkämpfe, mit entsprechend langwierigem Blutvergießen auf beiden Seiten. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Selenskyj in einem scheinbar unbedachten Moment während einer seiner täglichen Fernsehansprachen eine massivere militärische Unterstützung des Westens mit dem Argument forderte, dass die Ukraine den Krieg vor Ende 2023 gewinnen müsse, weil das ukrainische Volk möglicherweise nicht mehr lange bereit sei, die Last des Krieges zu schultern.

Während die Vereinigten Staaten den Krieg europäisieren, wird es an Deutschland liegen, nicht nur die westliche Unterstützung für die Ukraine zu organisieren, sondern irgendwann auch der ukrainischen Regierung klarzumachen, dass diese am Ende nicht für einen Siegfrieden ausreichen wird. Als Franchisenehmer den USA für den ukrainischen Krieg wird Deutschland als Sündenbock vor allen anderen die Schuld gegeben werden, wenn der Ausgang des Krieges hinter den Erwartungen der Öffentlichkeit in Osteuropa, in den Vereinigten Staaten, bei den deutschen pro-ukrainischen Aktivisten und sicherlich in der Ukraine selbst zurückbleibt.

"Schwenk nach Asien"
Diese Aussicht muss der deutschen Regierung umso unangenehmer erscheinen, als es heute unwahrscheinlicher denn je erscheint, dass über die Beendigung des Krieges in Europa entschieden wird. Ein potentiell ausschlaggebender Akteur im Hintergrund wird China sein, das jeden Einsatz von Atomwaffen ablehnt und prinzipiell keine Waffen an Länder liefert, die sich in einem Krieg befinden, einschließlich Russland. Nach einem kurzen Besuch in Peking im November letzten Jahres behauptete Scholz, dies seien Zugeständnisse an Deutschland; tatsächlich ist die entsprechende chinesische Politik viel älter. Das amerikanische Zögern, der Ukraine einen totalen Sieg zu ermöglichen, und die sich abzeichnende Absicht der USA, die Rehabilitation der Ukraine nach dem Krieg Deutschland zu übertragen, könnten durch den Wunsch motiviert sein, China zu ermöglichen, an seiner Politik der Nichteinmischung festzuhalten ‒ wozu es wahrscheinlich nicht in der Lage wäre, wenn Russland und sein Regime irgendwann an die Wand gedrückt würden. Sollte es sich dabei um mehr als nur eine stillschweigende Übereinkunft handeln, etwa um ein irgendwie ausgehandeltes Abkommen, so würde dies zu einem Zeitpunkt, zu dem die Regierung Biden dabei ist, Vorbereitungen für einen Krieg mit China zu treffen, wohl kaum veröffentlicht werden.

Die regierenden Supernationalisten in Kiew scheinen den Braten zu riechen. Kurz nach dem Treffen der Ramstein-Unterstützergruppe bedankte sich der ukrainische stellvertretender Außenminister Andrej Melnyk, Repräsentant des klassisch-faschistischen Bandera-Elements in der ukrainischen Regierung, höflich für die zugesagten Waffenlieferungen. Gleichzeitig ließ er verlauten, dass diese für einen ukrainischen Sieg im Jahr 2023 völlig unzureichend seien; dafür, so Melnyk, seien nicht weniger als zehnmal so viele Panzer, Flugzeuge, Haubitzen und dergleichen erforderlich. Melnyk, an der Harvard University ausgebildet, muss gewusst haben, dass dies seine amerikanischen Gönner zutiefst verärgern würde. Dass ihn das nicht zu stören scheint, deutet darauf hin, dass er und seine Mitstreiter davon ausgehen, dass die Vereinigten Staaten längst mit ihrem "Schwenk nach Asien" beschäftigt sind. Auch mag man darin ein Zeichen für die Verzweiflung der regierenden ukrainischen Rechten über die Aussichten des Krieges sehen sowie für ihre Bereitschaft, ihn trotzdem bis zum bitteren Ende zu führen – in der radikal-nationalistischen Überzeugung, dass echte Nationen auf dem Schlachtfeld wachsen, genährt mit dem Blut ihrer Besten.

Eine neue Weltordnung: Bi- oder multipolar?
Die sich abzeichnende Krise des ukrainischen Ultranationalismus steht im Zusammenhang mit einem beginnenden Kampf um eine neue globale Ordnung, deren Konturen, einschließlich des Platzes Europas und der Europäischen Union in ihr, nur dann verstanden werden können, wenn man China mit ins Spiel bringt.

Die Vereinigten Staaten, die dabei sind, sich nach Asien umzuorientieren, streben ein globales Bündnis an, das China umzingeln und daran hindern soll, die im Zweiten Weltkrieg gewonnene amerikanische Kontrolle über den Pazifik in Frage zu stellen. Damit würde an die Stelle der unipolaren Welt des gescheiterten neokonservativen "Project for a New American Century" eine bipolare Welt treten: Globalisierung, ja Hyperglobalisierung, jetzt statt mit einem Zentrum mit zweien, wie im Kalten Krieg, nur eben mit China anstelle der Sowjetunion, mit entfernter Aussicht auf eine Rückkehr, vielleicht nach einem heißen Krieg, zu wiederum nur einem Zentrum, einer Neuen Weltordnung Mark II. (Was den Kapitalismus angeht, so hat dieser sein Überleben zweimal entscheidend dadurch gesichert, dass ihm in den Jahren nach den beiden großen Kriegen des 20. Jahrhunderts, nach 1918 und 1945, tiefgreifende, in normalen Zeit nicht für möglich gehaltene Umbauten möglich wurden; man kann annehmen, dass es in den kapitalistischen Zentren strategischen Denkens noch Erinnerungen an die verjüngende Wirkung des Krieges für einen Kapitalismus in der Krise gibt.)

Chinas geostrategisches Projekt scheint dagegen auf eine multipolare Welt hinauszulaufen. Sowohl aus geographischen Gründen als auch wegen der noch in Entwicklung befindlichen militärischen Fähigkeiten Chinas kann das Ziel der chinesischen Außen- und Sicherheitspolitik nicht eine bipolare Weltordnung sein, in der das Land mit den Vereinigten Staaten um die globale Vorherrschaft kämpft, möglicherweise sogar mit dem Endziel einer unipolaren Welt mit China im Zentrum. Als Landmacht umgeben von einer Vielzahl von Nachbarn braucht China in erster Linie so etwas wie einen Cordon sanitaire von Ländern, die sich aus Bündnissen mit potenziellen Rivalen heraushalten – wenn man so will, nach Maßgabe einer regionalen Monroe-Doktrin, im Unterschied zu dem Wunsch der USA, ihre Monroe-Doktrin zu globalisieren. (Die Vereinigten Staaten haben nur zwei Nachbarn, Kanada und Mexiko, bei denen sie sicher sein können, dass sie sich nicht irgendwann mit China verbünden werden.)

Zusammengehalten werden könnte ein chinesisches sicherheitspolitisches Vorfeld durch grenzüberschreitende physische Infrastrukturen und großzügig vergebene Kredite. Über seine Region hinaus scheint China auf die Bildung einer Liga anderer bündnisfreier Regionalmächte zu setzen wie Brasilien, Südafrika oder Indien: wenn man so will, auf eine neue Dritte Welt, die sich aus der sich abzeichnenden amerikanisch-chinesischen Konfrontation heraushält und sich insbesondere weigert, sich den amerikanischen Wirtschaftssanktionen gegen China und seinen neuen Schutzbefohlenen Russland anzuschließen.

Tatsächlich gibt es Anzeichen dafür, dass China es vorziehen würde, als neutrale Macht unter anderen gesehen zu werden, anstatt als einer von zwei Anwärtern auf die Weltherrschaft – zumindest solange es nicht sicher sein kann, dass es einen Krieg gegen die Vereinigten Staaten nicht verlieren würde. Der Wunsch, einen neuen Bipolarismus nach dem Vorbild des alten Kalten Krieges zu vermeiden, würde auch die bis heute durchgehaltene Weigerung Chinas erklären, Waffen an Russland zu liefern, während gleichzeitig die Ukraine von den Vereinigten Staaten bis an die Zähne bewaffnet wird. (China kann sich dies leisten, weil Russland keine andere Wahl hat, als sich China anzuschließen, Waffen hin oder her, egal welchen Preis China für seinen Schutz verlangt.)

In diesem Zusammenhang könnte das einstündige Telefongespräch zwischen Xi und Selenskyj am 26. April, das von den staatswohlorientierten europäischen Medien nur am Rande erwähnt wurde, so etwas wie ein Wendepunkt gewesen sein. Wie es scheint, bot sich Xi als Vermittler im russisch-ukrainischen Krieg an, und zwar auf Grundlage eines chinesischen Zwölf-Punkte-Friedensplans, der von den westlichen Staats- und Regierungschefs, sofern sie ihn überhaupt zur Kenntnis genommen hatten, als trivial und nutzlos abgetan worden war. Bemerkenswerterweise bezeichnete Selenskyj das Gespräch als "bedeutsam" und führte aus, dass "besonderes Augenmerk auf die Möglichkeiten der Zusammenarbeit gelegt wurde, um einen gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine zu schaffen". Sollte die chinesische Intervention erfolgreich sein – was voraussetzen würde, dass Selenskyj seine Hardliner aus der Regierung entfernen kann und die USA sich aus welchen Gründen auch immer gezwungen sehen zuzustimmen – könnte sie von prägender Bedeutung für die entstehende globale Ordnung nach dem Ende des Endes der Geschichte sein. Insbesondere vor dem Hintergrund der erfolgreichen Bemühungen der chinesischen Diplomatie, die verfeindeten Staaten Iran und Saudi-Arabien miteinander zu versöhnen, dürfte das Gespräch zwischen Selenskij und Xi in Washington Schweißausbrüche zur Folge gehabt haben.

Baerbocks heikle Linie
In den letzten Monaten bereiste die deutsche Außenministerin Baerbock die Welt, um so viele Länder wie möglich in das amerikanische Projekt eines erneuerten Bipolarismus einzubinden, durch Appelle an "westliche" Werte, Angebote diplomatischer, wirtschaftlicher und militärischer Unterstützung und Drohungen mit Wirtschaftssanktionen. Die Glaubwürdigkeit Baerbocks als weltreisende Botschafterin des amerikanischen New World Order Mark II-Projekts setzt freilich voraus, dass ihr eigenes Land strikt der amerikanischen Linie folgt, einschließlich des Ausschlusses Chinas aus der Weltwirtschaft. Dies jedoch steht in Konflikt mit den Interessen der deutschen Industrie und damit auch Deutschlands als Land, was Baerbock dazu zwingt, in Bezug auf China eine heikle, teilweise geradezu widersprüchliche Linie zu verfolgen. Während sie beispielsweise ihren jüngsten Besuch in Peking vor ihrer Ankunft und nach ihrer Abreise mit einer aggressiven, durchaus feindseligen Rhetorik begleitete – so sehr, dass ihr chinesischer Amtskollege es für nötig hielt, ihr auf einer gemeinsamen Pressekonferenz zu erklären, dass das Letzte, was China brauche, Belehrungen durch den Westen seien – scheint sie während ihres Aufenthalts in China angedeutet zu haben, dass die deutschen Sanktionen eher selektiv als allumfassend ausfallen könnten, wobei die Handelsbeziehungen in bestimmten Industriesektoren mehr oder weniger unvermindert fortgesetzt würden.

Im Übrigen scheint es durchaus möglich, dass es Scholz schon früher gelungen sein könnte, die Vereinigten Staaten dazu zu bringen, Deutschland in seinen Beziehungen zu seinem wichtigsten Exportmarkt etwas Spielraum zu geben, als Belohnung dafür, dass es die europäischen Kriegsanstrengungen in der Ukraine im Einklang mit amerikanischen Anforderungen koordiniert. Falls den USA an einer chinesischen Vermittlerrolle im Ukrainekrieg gelegen sein sollte, könnten sie ohnehin eine harte Boykottpolitik gegenüber China kaum durchhalten.

Andererseits scheinen deutsche Hersteller in letzter Zeit Marktanteile in China verloren zu haben, in dramatischem Ausmaß bei Autos, wo chinesische Kunden die neuen Elektrofahrzeuge aus Deutschland zugunsten der chinesischen meiden. Das mag daran liegen, dass die deutschen Modelle weniger attraktiv sind als ihre chinesische Konkurrenz; ebenfalls dazu beigetragen könnte aber auch die deutsche antichinesische Rhetorik haben, in einem Land mit starker nationalistischer und antiwestlicher Stimmung. Sollte dies der Fall sein, könnte sich das Problem der zu großen Abhängigkeit der deutschen Industrie von China als Exportmarkt bald von alleine lösen.

Die antichinesische deutsche Politik in Einklang mit den USA und ihrem bipolaren weltpolitischen Projekt führt nicht nur innenpolitisch, sondern auch international zu Konflikten. Dies gilt vor allem für Frankreich, was die Europäische Union noch weiter zu spalten droht, als sie es ohnehin schon ist. Die französischen Bestrebungen nach "strategischer Autonomie" für "Europa" (und zugleich "strategischer Souveränität" für Frankreich) haben nur in einer multipolaren Welt mit einer großen Zahl politisch schwergewichtiger bündnisfreier Länder eine Chance, ganz im Sinne dessen, was die Chinesen anzustreben scheinen. Inwieweit dies eine Art Äquidistanz zu den USA auf der einen und China auf der anderen Seite impliziert, ist eine Frage, die der französische Präsident Emmanuel Macron – durchaus, so darf man vermuten, absichtlich – offenlässt; manchmal scheint er Äquidistanz zu fordern, manchmal nicht. In jedem Fall ist Äquidistanz bei den deutschen prowestlichen Militanten, vor allem bei den Grünen, die derzeit die deutsche Außenpolitik kontrollieren, ebenso Anathema wie Blockfreiheit. Sie misstrauen Macrons gelegentlichen Beteuerungen zutiefst, dass "strategische Autonomie" mit transatlantischer Loyalität vereinbar sei, in einer Zeit wachsender Konfrontation zwischen "dem Westen" und dem neuen ostasiatischen Imperium des Bösen.

Macron und frühere französische Präsidenten haben immer gewusst, dass Frankreich, um die Europäische Union dominieren zu können, Deutschland an seiner Seite braucht, oder im Brüsseler Jargon: auf dem Rücksitz eines französisch-deutschen Tandems. Das Problem ist, dass Deutschland nun endgültig von diesem abgestiegen zu sein scheint. Unter Grüner Führung träumt es zusammen mit Polen und den baltischen Staaten davon, Putin an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag auszuliefern, was voraussetzt, dass ukrainisch-deutsche Panzer in Moskau einfahren, so wie einst sowjetische Panzer in Berlin eingefahren sind. Macron dagegen will Putin die Möglichkeit geben, sein "Gesicht zu wahren", und sich selbst die Option offenhalten, Russland eine Wiederaufnahme der Wirtschaftsbeziehungen anzubieten, nach einem Waffenstillstand, der, wenn nicht von Frankreich, dann vielleicht von einer Koalition blockfreier Länder des "globalen Südens" oder sogar von China vermittelt würde.

Die Götterdämmerung der deutsch-französischen Allianz in der Führung der EU und die Verwandlung ihrer Ruinen in eine antirussische wirtschaftliche und militärische Infrastruktur, betrieben von osteuropäischen Ländern im Namen des amerikanischen Transatlantizismus, wurde nie deutlicher sichtbar als bei Macrons Chinareise am 6. April, nach Scholz (4. November) und vor Baerbock (13. April). Seltsamerweise ließ sich Macron von von der Leyen begleiten, nach Ansicht der einen als deutsche Gouvernante, die ihn daran hindern sollte, Xi zu leidenschaftlich zu umarmen, nach Ansicht der anderen, um den Chinesen zu demonstrieren, dass ein Präsident der EU kein echter Präsident ist, anders als der französische Präsident, der nicht nur sein eigenes Land regiert, sondern mit ihm die Europa als Ganzes.

Die Chinesen, die Macrons Signale möglicherweise richtig verstanden, behandelten ihn königlich, obwohl sie sich zweifellos seiner innenpolitischen Probleme bewusst waren; von der Leyen dagegen, die als transatlantische Hardlinerin bekannt ist, wurde eine spezielle Nicht-Behandlung zuteil. Auf dem Rückflug in seinem Flugzeug, ohne von der Leyen, die nach irgendwo anders weitergeflogen war, erklärte Macron vor seinem Pressekorps, dass amerikanische Verbündete keine amerikanischen Vasallen seien, was ein weiteres Mal als Forderung an Europa verstanden wurde, zu China und den Vereinigten Staaten gleichen Abstand zu halten. Deutschland, allen voran seine Außenministerin, war entsetzt und ließ dies ohne Umschweife verlauten, gefolgt – pflichtbewusst und einstimmig, wie in diesen Tagen üblich – von den deutschen Medien.


Einige Tage später, am 11. April, nahm Baerbock am Treffen der G7-Außenminister in Japan teil. Dort brachte sie ihre Kollegen, darunter auch den französischen, dazu, der amerikanischen Flagge, die bekanntlich für eine unteilbare Welt with liberty and justice for all steht, so viel Treue wie nur irgend möglich zu schwören. Zu diesem Zeitpunkt hatte Macron, der feststellen musste, dass sein rhetorischer Vorstoß gegen ein französisch-europäisches Vasallentum bei den Gegnern seiner Rentenreform auf wenig Interesse gestoßen war, bereits einen Rückzieher gemacht und wieder einmal seine immerwährende Loyalität zur NATO und zu den Vereinigten Staaten bekräftigt. Es gibt jedoch keinen Grund zu glauben, dass dies die seit dem Ukraine-Krieg im Gang befindliche Zeitenwende der Europäischen Union aufhalten wird: das Zerwürfnis zwischen Frankreich und Deutschland und den Aufstieg der osteuropäischen Mitgliedsstaaten nach der Rückkehr der USA nach Europa unter Biden, in Vorbereitung auf eine globale Konfrontation mit dem Land Xi im Zuge des unermüdlichen amerikanischen Strebens to make the world safe for democracy.


 
 
 
 
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